Europa speit Feuer

Juni 2, 2010 Aus Von Marc Szeglat

Jüngst wurde es den Menschen wieder ins Gedächtnis gerufen: unser Planet ist ein äußerst dynamischer Himmelskörper. Der Vulkanausbruch des Eyjafjallajökulls auf Island sorgte nicht nur für Schlagzeilen, sondern legte den Flugverkehr tagelang lahm. Die Aschewolke, die der Vulkan ausspie, wurde mit den Luftströmungen bis nach Südeuropa getragen. Dabei war der Ausbruch in Bezug auf seiner Explosivität moderat. Die stärksten Explosionen des Ausbruches ließen die Aschewolke 9 km hoch aufsteigen. Im Mittel bewegte sich die Aschewolke auf einer Höhe zwischen 4 und 6 km. Dass sich die Asche soweit verteilte war auf die sehr geringe Korngröße der Lavapartikel zurück zu führen. Normalerweise regnet die vulkanische Asche bei Ausbrüchen dieser Stärke in einigen Hundert Kilometern Entfernung zum Vulkan ab. Der feine Gesteinsstaub des Eyjafjallajökulls war nun so leicht, dass er sich über mehrere Tausend Kilometer verteilen konnte. Inwiefern so kleine Partikel tatsächlich eine Gefahr für die Flugzeugturbinen darstellt ist ungeklärt.
Große Vulkanausbrüche wie der des Pinatubos im Jahr 1991, sind auch in der Lage das globale Klima mittelfristig zu beeinflussen, doch diese Gefahr besteht im Falle des Ausbruches auf Island nicht. Um einen Effekt auf das Weltklima auszulösen, müssen Asche und Gase bis in die Stratosphäre eingebracht werden. Die thermale Grenzschicht in 12 km Höhe verhindert dann ein schnelles Absinken der Partikel. Da es in diesen Höhen keinen Niederschlag mehr gibt, reinigt sich die dünne Luft dort auch nur sehr langsam. Zudem geht eine höhere Gefahr einer globalen Klimabeeinflussung von Vulkanen aus, die sich nahe des Äquators befinden. Denn nur dort können Asche und Gase durch die gegensätzlich rotierenden Luftströmungen auf beide Hemisphären verteilt werden.
Obwohl der Ausbruch auf Island in Bezug auf seiner Explosivität ehr moderat war, wurde die Asche über einige Wochen kontinuierlich gefördert, sodass doch eine stattliche Menge Lava ausgestoßen wurde. Im Vergleich zu den wirklich bedeutenden Eruptionen auf Island war der jüngste Ausbruch aber auch in Bezug auf die geförderte Lavamenge moderat.
Das es auf Island so viele Vulkane gibt liegt and er besonderen Lage der Insel. Sie bildete sich auf der kontinentalen Nahtstelle des Mittelatlantischen Rückens. Mitten durch Island verlaufen 2 Störungszonen an denen sich Nordamerika und Europa berühren, oder besser gesagt voneinander entfernen.
Gut 90% aller Vulkane liegen nahe der Grenzen der tektonischen Erdplatten. So finden sich nicht nur in Nordeuropa Vulkane, sondern auch ganz im Süden unseres Kontinents. Im Mittelmeerraum stößt Afrika auf Europa. In der Folge gibt es dort nicht nur besonders viele Erdbeben, sondern ebenfalls Vulkane. Die Zone aktiver Vulkane erstreckt sich von der Türkei über die Ägäis bis nach Sizilien und Kalabrien. Die letzten Eruptionen in der Ägais gingen von den Vulkanen Nisyros und Santorin aus. Letzterer Vulkan machte besonders durch eine gigantischer Eruption in der Bronzezeit von sich reden. Doch auch im letzten Jahrhundert ereignete sich in der Caldera von Santorin kleinere Eruptionen.

Am bekanntesten und aktivsten sind die Vulkane Süditaliens: Ätna, Stromboli und Vesuv sind vielen Menschen geläufig.
Die mächtige Dame Ätna ist der größte Vulkan Europas und einer der aktivsten. Bereits in diesem Jahrtausend brach der Vulkan 3 mal groß aus und hatte mehrere Phasen mit geringerer Aktivität.
Stromboli ist der Dauerbrenner des Mittelmeeres. Seit 2000 Jahren ist er fast ununterbrochen aktiv. Seine Ausbrüche sind so typisch, das nach ihm eine Ausbruchsart benannt wurde: die strombolianischen Eruptionen zeichnen sich durch frequente Explosionen aus, wobei nur relativ wenig Lava gefördert wird. Aber Stromboli kann auch anders. In den letzten 7 Jahren produzierte er 2 eruptive Phasen mit Lavastromtätigkeit und gelegentlichen, stärkeren Explosionen.
Der Vesuv schließlich ist das Pulverfass des Trios. Er liegt in Sichtweite der Millionen-Metropole Neapel und seine Flanken sind dicht besiedelt. Bereits in der Bronzezeit eruptierte er so stark, dass ein ganzer Landstrich im Osten des Vulkans verwüstet wurde. Die berühmt-berüchtigte Eruption von 79 n.Chr. vernichtete gleich 3 römische Siedlungen: Stabiae, Herculaneum und Pompeji. Allein in Pompeji starben mehr als 2000 Menschen.
Der bislang letzte Ausbruch des hochexplosiven Vulkans war 1944. Auch damals gab es Opfer zu beklagen. Seit dem ist der Vulkan unheimlich still geworden und Vulkanologen fürchten das Schlimmste. Je länger die Ruhephase dieses Vulkans ist, desto gewaltiger wird der nächste Ausbruch sein.
Der Vulkanismus in Europa beschränkt sich aber nicht nur auf die Kontinentalränder. In Zentraleuropa gibt es 3 große Vulkanfelder, deren Feuerberge derzeit nur ruhen: im Kraterland der Auvergne ereignete sich der letzte Ausbruch vor gut 5000 Jahren. Doppelt solange ruhen die Vulkane der Eifel und in Böhmen gibt es Anzeichen dafür, das sich Magma im Untergrund bewegt. An der Deutsch-Tschechischen Grenze liegt das Cheb Becken, dessen Mineralquellen bei Franzenbad zum kuren einladen. Wenige Kilometer entfernt stellten Wissenschaftler fest, dass die hydrothermale Aktivität zugenommen hat. Gasanalysen brachten sie zu dem Ergebnis, dass ein Magmakörper in die Erdkruste eingedrungen ist und sich langsam, aber stetig Richtung Erdoberfläche bewegt. Ob- und wann hier ein Vulkan ausbrechen wird ist ungewiss. Gewiss ist aber: Europa speit Feuer; vom hohen Norden bis zum tiefen Süden.